Donnerstag, 19. Februar 2015

Aus gegebenem Anlass - Gedenken an unsere Sternenkatzen (Teil 2) - Cheries Erbe




Nachdem Cherie gegangen war, war ich die erste Zeit wie gelähmt, denn noch immer war ihr „Umzug“ so fassungslos und nicht begreifbar. Aber dennoch war sie in der folgenden Zeit immer präsent und ich sah sie ständig aus meinen Augenwinkeln durch die Gegend huschen. Wer nicht selber stolzer Tierbesitzer ist und eine enge Beziehung mit seinen Vierbeinern aufgebaut hat, wird sicher jetzt denken: „Nun spinnt sie aber vollkommen“. Wem seine geliebten Vierbeiner jedoch ans Herz gewachsen sind und sich im Laufe der Zeit der Zustand des blinden Verstehens und Vertrauens aufgebaut hat, dem dürfte dieser Zustand zweifelsohne bekannt sein. Ich wusste und weiß immer genau, was meine Fellpopos mir sagen wollen.

Das Erste, was Cherie wollte, war, dass wir ein „Hähnchen-Fest“ veranstalten. Hähnchen-Fest? Was zum Geier ist denn das? Nun, das ist sehr einfach: Unsere Miezen liebten Hähnchen über alles. Dies hatte zur Folge, dass wir niemals gegrillte Hähnchen unfallfrei essen konnten – nein, noch deutlicher: noch nicht mal essen DURFTEN! Gnädigerweise war es uns gestattet, die Haut zu essen sowie auch Beine und Flügel abzuknabbern. Das magere Fleisch hingegen trauten wir uns noch nicht einmal, zu genießen! Die vorwurfsvollen Blicke könnt Ihr Euch sicher vorstellen, da wagt man es sich nicht mehr, auch nur einen Bissen zu nehmen. Es endete letztendlich immer so: Drei halbe Hähnchen (die gab es laufend im Angebot, sie waren grundsätzlich megafrisch und superlecker – oder besser: Wären sie eigentlich gewesen), die wir dann abpuhlten, um dann das magere Fleisch – das im Übrigen keineswegs übermäßig gewürzt war – in mehr oder weniger mundgerechten Katzenhäppchen zu portionieren. Cheries Wunsch war es nun, mit einem Hähnchen-Fest an sie zu denken und zu gedenken. Dass dies eines der emotionellsten Essen war, brauch ich sicher nicht zu erwähnen.

Aber das war nicht das Einzige, was sich Cherie ausgedacht hatte. Sie hat sogar für eine Nachfolgerin gesorgt. Einige Wochen später veranstaltete das örtliche Tierheim das traditionelle Sommerfest mit Flohmarkt, Essenbuden, Glücksraddrehen, Kaffee und Kuchen sowie die Möglichkeit, superleckere Biomarmelade und weitere Bioprodukte zu kaufen. Der Erlös kommt grundsätzlich dem Tierheim zugute. Und Cherie sorgte auf ihre unnachahmliche Weise dafür, dass auch wir uns zum Sommerfest begaben. Es mag seltsam klingen, aber ich hatte immer ihre Stimme im Ohr, die mich förmlich dazu trieb, bloß den wichtigen Tag nicht zu verpassen. Dort angekommen liefen wir eine Runde über den Flohmarkt und an einer Bude bestellte ich mir eine Gemüsepfanne. Inzwischen wurde ich immer unruhiger und Cherie fing an, mit mir zu schimpfen, denn so eine Gemüsepfanne KANN doch gar nicht schmecken. Ich sollte mich nun endlich zum Katzenhaus bewegen. Kaum den letzten Bissen heruntergeschlungen, besuchte ich die Katzenzimmer und wusste zunächst gar nicht, was ich dort sollte. Aber dann stoppte ich vor einem Zimmer mit sechs oder sieben Katzen, die absolut unterschiedlich im Alter und Aussehen waren. Alle Miezen waren noch nicht lange dort und ich unterhielt mich mit einer Pflegerin. Ich erfuhr, dass diese armen Wesen von einer Familie in der nächsten Kreisstadt weggeholt wurden, da sich die Menschen nicht entsprechend um die Miezen kümmern konnten, was sich bereits beim Futter äußerte. Oder haltet Ihr Kartoffelchips, Erdnüssen und Cashewkerne für eine artgerechte Katzenernährung? Ich jedenfalls nicht. Jetzt musste noch das Kreisveterinäramt seine Zustimmung geben und dann könnten sie in die Vermittlung gehen. Cherie war ruhiger geworden, ich schien vor der richtigen Tür zu stehen. Mir fiel sofort ein Katzenmädchen, welches das Aussehen von Gipsy hatte, und eine erwachsene Mieze mit dem Aussehen von Cherie auf. Sollte sie sich einen von beiden oder sogar beide als zukünftige Gefährten ausgedacht haben?

Ich verabredete mit der Pflegerin, dass ich in der folgenden Woche kommen wollte, um mich genauer mit den Miezen in dem Zimmer zu beschäftigen, denn immerhin – wenn es denn einen Neuzugang geben sollte – muss dieser auch zu Blacky und Gipsy passen. Das wusste auch Cherie, denn immerhin haben wir uns damals bei ihrer Auswahl auch etwa drei Stunden Zeit gelassen.

Da ich augenscheinlich keine Zeit verlieren durfte, waren wir bereits am nächstfolgenden Tag nach dem Wochenende wieder dort. Als Erstes wendete ich mich dem kleinen, dreifarbigen Gipsy-Verschnitt zu. Aber die Dame schien mit mir so rein gar nichts am Hut zu haben. Sie zeigte mir förmlich die Stinkekralle und lief ins abgeschirmte Freigehege. Auch greifen konnte ich sie nicht. So Cherie, vielen Dank auch… das ging ja schon mal gründlich in die Büx. Zwischendurch lief mir immer eine schwarz-weiße Miez um die Beine, die sich mächtig ins Zeug legte. Von der Pflegerin hörte ich, dass die Maus bereits 12 Jahre alt war und heftigste Zahnprobleme hatte. Cheries Urteil dazu: Nein Mama, die ist es nicht! - Okay, ihr Wunsch war mir Befehl, also weiterschauen. Dann wandte ich mich Cheries Zwilling zu. Ich erfuhr, dass sie etwa 2,5 Jahre alt wäre, die Chefin ist und die ganze Truppe fest im Griff hat. Ich wurde Zeuge, wie sie einem ihrer Brüder gepflegt eine Ohrfeige verabreichte, weil Monsieur einfach nicht gehorchen wollte. Überrascht war die Pflegerin allerdings, dass sich Cherie 2 sofort von mir anfassen und auf den Arm nehmen ließ, denn das gelang den Pflegern kaum. Aber eine Mieze, die sofort den Chefposten beansprucht? Cherie war zwar auch die Chefin, aber dies ging dann doch zu weit. Ein Neuzugang hat sich zunächst mit dem untergeordneten Rang zufriedenzugeben und dann später mal schauen, was machbar ist – genauso hat es Cherie auch getan. Also weiterschauen.

Während ich schon fast verzweifelt war, weil ich noch immer nicht die Miez gefunden hatte, die Cherie für mich vorgesehen hatte, fiel mein Blick auf einmal auf ein Brett an der Wand, auf der ein verkappter Dreifarbentiger lag. Verkappt deswegen, weil sie die dritte Farbe am Bauch versteckte. Moment mal… die war doch vorhin noch nicht da? Das Katzenmädchen beobachtete mich bereits eine geraume Zeit und war scheinbar gespannt, wann ich mich endlich ihr zuwenden würde. Sie war eine zauberhafte Schönheit und noch so klein – vielleicht gerade ein Jahr alt. Ich näherte mich ihr, bohrte meinen Zeigefinger zwischen die Ballen ihrer Vorderpfote und sprach sie an. Sofort krümmte sie ihre Pfote, sodass ihre Krallen meinen Finger festhielten. Es war, als wäre auf Anhieb ein unsichtbares Band zwischen uns. Als ich sie mit Tränen in den Augen fragte, ob sie die Miez ist, die Cherie für mich auserwählt hätte, hielt sie mich noch ein wenig fester, fing leise an zu schnurren und zog meine Hand zu sich.

Als die Pflegerin wieder hereinkam, sagte ich nur zu ihr: „Cherie hat ihre Mission erfüllt.“  Die Pflegerin lächelte und erklärte mir dann die Details: Jeanny (so hieß das kleine Katzenmädchen) wurde von den anderen Gefährten zu gerne vom Futternapf verscheucht, daher wäre sie noch so klein. Ihr Alter wurde auf 1 bis 2 Jahre geschätzt (meine Tierärztin hat es auf knapp 1 Jahr festgestellt). Jeanny wäre eine schüchterne Mieze, die erst einmal Vertrauen zu dem Menschen fassen müsste, aber dann könnte sie richtig aufdrehen. Nun ja, das Vertrauen zwischen ihr und mir war auf Anhieb vorhanden.

Ich verabschiedete mich von dem Katzenmädchen, ging aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter mir, merkte allerdings, dass Jeanny mir nachzusehen schien. Ich drehte mich um und sagte zu ihr, dass Mama sie bald holen würde. Es war, als ob sie sagen würde: „Dann ist jetzt alles gut“, und so legte sie zufrieden ihren Kopf auf ihre Pfoten.

Jeanny wurde für mich fest reserviert, alle Einzelheiten besprochen und etwa anderthalb Wochen konnte ich sie abholen. Cherie war zufrieden, sie hatte ihre Nachfolgerin mit viel Bedacht ausgewählt, denn wie sich später herausstellte, war Jeanny nicht nur genauso liebenswert, fürsorglich und frech wie sie – nein, sie war und ist sogar noch viel frecher. Nur wie würden jetzt Blacky und meine weise Dame Gipsy auf den Neuzugang reagieren? Das erfahrt Ihr in der folgenden Geschichte.


Habt einen schönen Tag!

Schnurrende Grüße von Eurer Chrissie und der Katzenbande.



Bildquelle: Ich (Jeanny, von Cherie auserwählte Nachfolgerin)

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